Gemeinschaft nur gemeinsam

Servus FCA-Fans,

wie in unserer Veröffentlichung zum Einstieg des amerikanischen Investors David Blitzers angekündigt, wollen wir uns nun noch ausführlicher äußern. Viel gibt es am vorherrschenden System Profifußball zu kritisieren, nicht nur bei uns in Augsburg. Kam diese Kritik häufig exklusiv aus den Kurven, setzt seit Jahren auch bei vielen gemäßigteren Fans und weiteren Akteuren ein immer stärkeres Umdenken ein. Die Pandemie hat demaskiert, die Super League den (vorläufigen) Höhepunkt gesetzt.
Auch Klaus Hofmann wird nicht müde, das wettbewerbsverzerrende System Red Bull zu kritisieren. Auch Michael Ströll mahnte bereits häufiger davor "das Rad nicht überdrehen zu dürfen". Doch auch unser FCA ist Teil des Problems, auch unser FCA treibt eine Entwicklung voran, an deren Ende eine völlig Entfremdung von dem steht, was uns alle eint.

Status Quo
Mit der Ausgliederung im Jahr 2005 hat der e.V. - also der Stammverein, in dem wir FCA-Fans Mitglied werden können - einen Großteil seiner Kompetenzen an die KGaA und die verschiedenen Investoren/-Gruppen abgegeben. Ein komplexes, von außen undurchsichtiges und in sich verschachteltes Konstrukt wurde bereits damals geschaffen und über die Jahre verfeinert. Kritik hieran gab es immer.
Jedoch, und dies müssen wir uns selbst am stärksten ankreiden, wurde diese nicht laut genug und meist nur in direktem Kontakt mit Vereinsvertretern geäußert. Versäumnisse von früher sind jedoch keine Rechtfertigung, den aktuellen Status als gegeben hinnehmen zu müssen. Das schwierige strukturelle Konstrukt unseres Vereins und eine nur stiefmütterliche Einbeziehung der Anhänger- und Mitgliederschaft sind keine neuen Probleme, sie sind mindestens so alt wie die KGaA. Die meisten unter uns kennen ihren FCA nur in der jetzigen Form und so wurde eben immer versucht das Beste aus den vorhandenen Gegebenheiten zu machen. Egal ob als Szene, Fanvereinigungen oder aber als Mitgliederschaft bedeutet dies stets vom Goodwill einiger weniger Personen abhängig zu sein. Betrachten wir den Zeitraum seit der Ausgliederung, wäre es falsch zu behaupten, dass dies nicht auch situativ funktionierte. Die Abhängigkeit eines gesamten Vereins und all seiner Anhänger von einzelnen Personen ist jedoch schlicht falsch. Ein Fußballverein gehört nicht einzelnen, er gehört allen.

Kritik
Ein Hinterhertrauern vergangener Tage ist wenig zielführend. Die Existenz der KGaA ist die Realität, mit der wir uns seit nunmehr 16 Jahren konfrontiert sehen. Eine Akzeptanz dessen ist alternativlos. Eine Akzeptanz der konstruierten unbefriedigenden Strukturen schließt diese jedoch mitnichten ein.
Das seit 2005 bestehende Konstrukt rund um unseren FCA ist komplex. Mit all den Verstrickungen des Fußball-Club Augsburg 1907 e.V., der FCA Beteiligungs GmbH, der Fußball-Club Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA und der Hofmann Investoren GmbH ist kaum durchschaubar, wie unser Verein wirklich funktioniert. Intransparenz gegenüber der Öffentlichkeit und Mitgliedschaft und ein häufig fehlendes Verständnis von Partizipation machen es nicht leichter. Hinzu kommen vertraglich festgelegte Verschwiegenheitspflichten der Gesellschafter der Hofmann Investoren GmbH, sodass grundsätzlich keine Äußerungen über die Gesellschaft an sich, die einzelnen Beteiligungsumfänge und die tatsächliche Geschäftstätigkeit nach außen getragen werden dürfen.

Struktur
Auf dem Papier garantiert zwar die 50+1 Regelung die Deutungshoheit des e.V. innerhalb der KGaA und gegenüber der Investorengruppe. In der Praxis ist das aber nur ein Teil der Wahrheit.
Zwischen allen Gremien und beteiligten Gesellschaftsgruppen besteht eine - in unseren Augen ungesunde - Abhängigkeit und personelle Verstrickung bzw. gar Deckungsgleichheit. Demnach stellt aktuell der Präsident des e.V. auch den Geschäftsführer der FCA Beteiligungs GmbH sowie den Geschäftsführer der Hofmann Investoren GmbH dar. Dadurch ist dieselbe Person faktisch an jeder wichtigen Position des Firmenkonstrukts rund um den FC Augsburg vertreten.
Doch Interessen der Mitglieder (vertreten durch den Präsidenten des e.V.) müssen nicht mit den Interessen der KGaA übereinstimmen. Wenn ein und die selbe Person beide Positionen bedeckt, kann ein nicht unerheblicher Interessenskonflikt entstehen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Kontrolle muss im Rückschluss aber nicht automatisch auf fehlendes Vertrauen hindeuten. Kommen Kontrollgremien innerhalb des FCA ihrer Kontrollfunktion jedoch nicht nach, entziehen sie sich selbst ihrer Daseinsberechtigung. Ausgewogene Bewertungen, aber auch konstruktive und gewinnbringende Diskurse können nur durch Zweit- und Drittmeinungen entstehen. Der FCA braucht - und das nicht nur zum Wohle der Fans und Mitglieder - frischen Wind und Diversität.

Kommunikation
Viele Probleme würden womöglich anders aufgefasst werden, gäbe es eine offenere Kommunikation. So charismatisch wir auch in Teilen den „verschwiegenen FCA“ finden, wenn es darum geht schmutzige Wäsche nicht öffentlich zu waschen, so falsch ist diese Verschwiegenheit aber an anderen Stellen.
Bis heute hält sich der Mythos der Seinschen Investorengruppe. Bis heute ist unklar ob, und wenn ja, wer dahinter stecke. Ungeachtet von „marktüblichen Vorgehen“ ist es für Fans und Mitglieder ein schlichtweg inakzeptabler Zustand, nicht zu wissen was genau in ihrem Verein passiert und welche Interessengruppen vorhanden sind. Die Hofmannsche Investorengruppe agiert zumindest in einem Punkt anders. Die Namen der in der Beteiligungs GmbH involvierten Personen sind öffentlich zugänglich. Vertragliche Bindungen dieser Anteilseigner machen es jedoch nahezu unmöglich deren Motive einzuordnen. Auf Walter Seinsch und Klaus Hofmann bezogen, kann davon ausgegangen werden, dass grundlegende Motive in Teilen deckungsgleich mit denen der Fan- und Mitgliedschaft waren bzw. sind. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Eine Garantie, dass sich Motive oder grundlegende Gegebenheiten niemals ändern, gibt es schlicht nicht. Wo liegen aber die Motive der weiteren Gesellschafter, insbesondere David Blitzers? Eine persönliche Verbundenheit mit unserer Stadt oder unserem Verein kann ausgeschlossen werden, so bleibt als logische Schlussfolgerung nur ein wirtschaftliches Interesse. Es muss davon ausgegangen werden, dass Anteilseigner mit Besitz von 45% der Anteile an der KGaA auch Mitspracherecht einfordern. Es wäre vermessen, zu denken, dass eingebrachtes Kapital nicht auch irgendwann zu Renditen führen muss. Wie und in welchem Umfang dies bei Walter Seinsch, den aktuellen und ehemaligen Anteilseignern der Hofmann Beteiligungs GmbH passierte bzw. passiert, ist nicht öffentlich dokumentiert. Warum also nicht einfach transparent Zahlen veröffentlichen und so für Ruhe sorgen? Zu verbergen gibt es sicherlich nichts.

Mehr Sachlichkeit bitte
Wir hantieren gerne mit vereinfachten und knackigen Formulierungen, so u.a. bei Gesängen oder auf Spruchbändern. Kernige Statements gegen Red Bull aus dem Mund des FCA-Präsidenten hören auch wir gerne. Verkürzte Darstellungsformen haben situativ ihre Daseinsberechtigung. Falsch eingesetzt, können markige Statements aber schnell im Populismus gipfeln und Gegebenheiten somit falsch darstellen. Seit unserer Veröffentlichung zum Investoreneinstieg werden die Verantwortlichen nicht müde auf die Umsatzeinbußen von 35 Millionen im letzten Jahr hinzuweisen. So soll beim Fan automatisch ein kausaler Zusammenhang zwischen Umsatzeibußen (die übrigens nicht automatisch mit Verlusten gleichzusetzen sind) und der Notwendigkeit eines neuen Investors hergestellt werden. Das hier, entgegen offizieller Aussagen, jedoch nicht einfach ein Investor gegen einen anderen getauscht wurde, zeigt allein David Blitzers Engagement bei einer Vielzahl anderer Clubs. Ob dieser neue Investor aber auch neues Kapital in den FCA eingebracht oder nur die Anteile der ausgestiegenen Eigner übernommen hat, blieb bisher unbeantwortet. Mit welcher Rendite die Anteile den Besitzer wechselten, ob und wenn ja in welchem Umfang hiervon der FCA oder nur Investoren profitierten ist ebenso unbekannt. Auch die Frage nach den Gründen der Kapitalerhöhung vor über einem Jahr steht weiter im Raum. Klartext und Transparenz würden Diskussionen womöglich gar nicht erst entstehen lassen.

Partizipation
Die Kritik in unserer Veröffentlichung zum Einstieg eines neuen Investors wäre nicht anders ausgefallen, hätte der FCA vorab den Wechsel bekannt gegeben. Das Prinzip eines oder mehrerer Investoren, welche unseren Verein als Kapitelanlage betrachten, widerstrebt uns schlicht. Nun könnte argumentiert werden, dies geht doch seit rund 20 Jahren gut. Eine Garantie darauf gibt es jedoch nicht, gegenteilige Horrorbeispiele jedoch zur Genüge. Die Vernunft sollte immer Alarm schlagen, wenn ein bis dato unbekannter Milliardär heimlich, still und leise plötzlich auf der Matte steht.
Unsere Kritik richtet sich aber ebenso gegen die grundsätzliche Intransparenz bei - den Gesamtverein betreffenden - Entscheidungen. Entwicklungen innerhalb der Hofmann Beteiligungs GmbH mit der FCA-Mitgliedschaft zu diskutieren, dafür gibt es keine rechtliche Notwendigkeit. Eine moralische jedoch umso mehr.
Jede noch so vermeintlich triviale Entwicklung in und um unseren FCA hat auch direkte oder indirekte Auswirkungen auf uns Fans und Mitglieder, es geht schließlich immer um unseren Verein.
Ein autokratisch anmutender Führungsstil ist nichts neues beim FCA, schließlich sind wir Abweisungen von Anträgen auf der Jahreshauptversammlung mit der Begründung „ Ist nicht Sache vom e.V.“ gewohnt. Es gibt innerhalb des FCA nahezu keinerlei flächendeckende Diskussionskultur.
Gespräche werden entweder im stillen Kämmerlein, von oben herab oder erst dann geführt, wenn ein Beschluss schon unumkehrbar steht. Demokratische Grundwerte - und diesen gemeinsamen Nenner teilen wir sicherlich von der Kurve bis hoch in die KGaA - sehen anders aus und dürfen nicht Teil einer Verhandlungsmasse sein.

Versäumnisse aus der Vergangenheit sind kein Hindernis, um aus ihnen gegenwärtig zu lernen, um somit die Zukunft besser zu gestalten. Eine Gemeinschaft ist nur dann eine Gemeinschaft, wenn sie in allen Teilen auf Augenhöhe agiert.
Konträre Ansichten müssen nicht lähmen, sie können im Diskurs sogar beflügeln. Unser Verein braucht ein radikales Umdenken, von der Anhängerschaft bis hoch in die oberen Etagen.

Auf Augsburg!
Legio Augusta